Zwei junge Pfarrer mit neuen Ideen für die Kirchenarbeit

Simon Klaas (links) und Tobias Jachmann sind die neuen Pfarrer (Foto: Kirchengemeinde Forst)

Seit Jahresbeginn leiten zwei neue Pfarrer die Geschicke der Forster Kirchengemeinde. Tobias Pawoł Jachmann und Simon Klaas besetzen die beiden Pfarrstellen, die nach dem Fusionsprozess der Forster Kirchenkreise zur Evangelischen Gesamtkirchengemeinde von Forst verblieben sind.

Die Gemeinde umfasst die Region von Grießen im Norden bis Klein Bademeusel im Süden und betreut rund 2500 Mitglieder. Bisher gab es für jede Ortschaft einen zuständigen Pfarrer. So standen in den drei Kirchengemeinden Forst-Stadt, Forst-Nord und Forst-Noßdorf bis 2019 bis zu 3 Pfarrstellen zur Verfügung, die fusionierte Gesamtkirchengemeinde besitzt nur noch 2 Pfarrstellen. „Die regionale Aufteilung funktioniert nicht mehr und widerspricht auch dem Fusionsgedanken.“, sagt Simon Klaas, der sich mit Tobias Jachmann die Aufgaben teilt. Für die Gemeindemitglieder vor Ort bedeutet das Umstellung und Umgewöhnung. „Die Zeiten, in der Dich ein ganzes Leben lang, von der Wiege bis zur Bahre, nur ein Pfarrer begleitet hat, sind leider vorbei!“, resümiert Simon Klass. Trotzdem muß niemand auf die kirchlichen Angebote verzichten. „Das Schöne ist, wir kommen mit unserem jugendlichen Elan in die Kirchengemeinde und kennen nicht alle Probleme und wer mit wem welche Befindlichkeiten hat.“, ergänzt Tobias Jachmann schmunzelnd. So sei man unvoreingenommen und könne auch mal Neues ausprobieren. Eine der ersten Maßnahmen, die die beiden umgesetzt haben, ist die zentrale Geburtstagspost für alle Gemeindemitglieder.

Für die beiden neuen Pfarrer ist Forst keine unbekannte Region. Tobias Jachmann ist gebürtiger Forster, Simon Klaas hat 2014 bei seinem Vorgänger, Pfarrer Lange, ein vierwöchiges Praktikum absolviert. Nach Theologiestudium und Erfahrungen mit Kirchenarbeit in der Berliner Stadtmission absolvierten beide ihr Vikariat in der Lausitz – Tobias im Pfarrsprengel Dissen, Simon in der Gemeinde Kahren-Komptendorf. Als das Angebot kam, die freiwerdenden Pfarrstellen im Rahmen des Entsendungsdienstes (2 Jahre) in Forst zu besetzen, zögerten sie nicht lange. „Nach dem Abi wußte ich lange nicht, was ich werden wollte und bin ziemlich überstürzt aus der Lausitz abgereist. Jetzt mit der Emanzipierung als Erwachsener habe ich die Zeit, in aller Ruhe einen möglichen Abschied zu nehmen.“, sagt Tobias Jachmann. Das soll allerdings nicht heißen, daß Forst nur eine kurze Durchgangsstation sein soll. Vielleicht wollen die Gemeinde und die Pfarrer auch nach den zwei Jahren zusammenarbeiten…

Beide Pfarrer haben Pläne. Für Tobias, der wendische Vorfahren hat, ist die wendische Sprache sehr wichtig und ein guter Grund, doch in der Lausitz zu bleiben. „Die Sprache liegt mir, sie kann Dinge ausdrücken, die man im deutschen Sprachgebrauch nicht sagen kann.“. Auch auf Grund seiner wendischen Wurzeln hat Tobias Jachmann seinen zweiten Vornamen offiziell ins wendische Pawoł ändern lassen. Im Mai wird er, zusammen mit Simon Klaas, in der Wendischen Kirche in Cottbus, der Klosterkirche, ordiniert (= als Pfarrer eingesegnet).
Simon Klaas ist bisher viel herumgereist. Im schweizerischen Genf geboren und im mecklenburgischen Greifswald aufgewachsen, kam er über die Station Berlin nach Forst. „Berlin ist zwar für viele Pfarrer ein Sehnsuchtsort, wo man sich ausprobieren kann, jedoch entspricht es nicht meinen Bild vom Beruf des Pfarrers. Bei meinem Praktikum 2014 habe ich mich in Forst sehr wohl gefühlt, die Menschen waren mir gegenüber sehr offen!“

Auf diese Offenheit der Menschen hier in der Region hoffen Tobias Jachmann und Simon Klaas auch in ihrer Kirchenarbeit. Neben der Aufgabenteilung in der Kirchengemeinde wollen beide auch mit den Menschen, egal ob kirchlich oder nicht gläubig – ins Gespräch kommen. Viele Ideen sollen dabei helfen. Simon und Tobias haben ein „Tiny House“ (übersetzt Minihaus) auf Rädern gebaut. Die Idee brachte Simon Klaas aus Berlin mit. „Kleine Häuser lösen bei den meisten Menschen etwas aus!“, ist er sich sicher. So kann er sich vorstellen, im Sommer mit dem Haus durch die Orte zu fahren und mit den Einwohnern ins Gespräch zu kommen und Begegnungen zu schaffen. War früher die Dorflinde auf dem Anger der zentrale Treffpunkt, könnte es heutzutage das rollende Haus sein.
Tobias Jachmann möchte gerne eine Ape für die Gemeindearbeit erwerben und als „rollende Kaffeemaschine“ nutzen. Viele kennen diese dreirädrigen Kleintransporter aus dem Italienurlaub, meist als rollender Eisverkaufswagen. „Warum nicht nach dem Gottesdienst oder bei öffentlichen Veranstaltungen noch einen Kaffee ausschenken und dabei mit den Menschen ins Gespräch kommen? Die Kirche muß zu den Menschen gehen!“

Eine dritte Projektidee ist die Nutzbarmachung eines „Weltackers“. Ein Acker mit verschiedenen Pflanzungen, der abbildet, wie Ernährung nachhaltig aussehen kann. In Kooperation könnten diesen Acker Schulen oder Kitas mitbetreuen und einen Beitrag zu Nachhaltigkeit leisten. Gegen einen kleinen Obolus könne dieser Acker später von interessierten Bürgern geerntet werden – Geld, das z.B. für die Gemeindearbeit genutzt werden kann oder an „Brot für die Welt“ gespendet wird.

„Wir sehen eine unserer Aufgaben darin, bei manchen Dingen einfach die Initialzündung zu geben mit der Hoffnung, das die Sache dann auch ohne uns weiterläuft.“, sagt Tobias Jachmann. Vielleicht gelingt es ihm und Simon Klaas, das gesamtgesellschaftliche vorgefertigte Bild von der Kirche, das in vielen Köpfen ist, zu ändern. „Es gibt viele Vorbehalte, Sachen zu verändern. Wir machen was neues, wenn es nicht klappt, können wir es immer noch ändern. Ich will Forst eine Chance geben!“, verspricht Simon Klaas.

Über Thori 186 Artikel
Blauäugiger freiberuflicher Dichter und Denker, Jahrgang 67, Kreativling, Kulturschaffender, Fotograf, Filmperlentaucher und Pfützenländer

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