Zur siebten „Langen Nacht des Kabaretts“ versammelten sich wieder Kleinkünstler unterschiedlicher Genres auf der kleinen Kabarett-Bühne im Restaurant „Zum Kuckuck“ in Groß Jamno. Unter den Besuchern waren viele Stammgäste, die wieder einen bunten Mix aus Kabarett, Poetry Slam und musikalischen Einlagen erlebten.
Wie in den Jahren zuvor blieb geheim, wer an diesem Abend auftreten sollte. Gespannt wartete das Publikum, wer als erster die Bühne betreten würde.
Das „Ensemble Weltkritik“, sächsische Vertreter des klassischen Kabaretts, eröffnete den bunten Reigen. Gut vorbereitet machten sich Bettina Prokert und Maxim-Alexander Hofmann über lokale Themen lustig und gewannen sofort das Publikum. Bevor Forst in die Blütezeit der 80er Jahre abdriftet, müssten verschenkte Potenziale aktiviert werden. Groß Jamno hat zwar einen See, aber immer noch keine Seebühne. Und bei soviel Wald rings ums Forst fehlt ein Baumwipfelpfad. Auch ein neuer City Slogan könne nicht schaden. „Weltkritik“ machte auch gleich einen Vorschlag und befragte dazu Zuschauer Torsten. Das Ergebnis lautet: „Forst – Torsten gefällt’s…“. Wie sich kurz darauf herausstellte: „…in Spremberg besser!“
Tilmann Birr ist gebürtiger Hesse, wohnt aber in Berlin. Als ehemaliger „Stadtbilderklärer“ erzählte er von seinen Erlebnissen mit einem bayrischen Touristen, der unbedingt etwas wissen wollte, aber von niemanden verstanden wurde. Auch aus seiner Zeit in einer WG hatte Tillmann Birr Episoden parat. Besonders seine kopulierenden Wohngenossinnen boten genügend Stoff für amüsante Geschichten.
Geschichten und Gedichte verfasst auch Clara Nielsen. Die Kielerin ist Poetry Slammerin, gehörte der deutschen Slamnationalmannschaft an und wurde bereits vom Goethe-Institut nach Rom und Lissabon eingeladen. „Klitzekleine Gedichte“ sind ihre Spezialität: „Liebst Du mich wie ich Dich, liebst Du mich nicht“. Nielsens Gedichte sind Poesie pur, mal mit Wortspielen, mal mit einem überraschenden Ende, mal philosophisch, immer ein wenig kokett oder bissig. Mucksmäuschenstill wurde es immer dann, wenn diese zierliche Person mit der samtweichen Stimme eines ihrer Werke vortrug. Was wie ein romantisches Liebesgedicht beginnt, endet bei Clara schon mal mit der schonungslosen Abrechnung mit dem ehemals Herzallerliebsten.
Aber Clara Nielsen hatte nicht nur Gedichte mitgebracht, sondern auch Geschichten aus ihrer Vergangenheit. „Das einzige böse, was ich mal getan habe, war ein Klingelstreich! Bei meiner Oma! Und ich habe vergessen, wegzurennen!“ Überhaupt war früher angeblich alles besser: „Als der erste Zug von Nürnberg nach Fürth fuhr, wurde die Bahn noch von freudigen Menschen mit Blumen erwartet.“
Nach einer kurzen Pause, in der man sich mit Fingerfood aus der „Kuckucks“-Küche stärken konnte, ging es mit Frank Grischek weiter. Er selber nennt sich Akkordeonist und „freut sich, hier heute Abend auftreten zu müssen!“. Seine gespielte schlechte Laune ist Programm. „Erfolg muss ja kein Feuerwerk sein“, gab er bekannt und erzählte lieber von seinem ersten Auftritt bei Tante Lottis 50. Geburtstag. Zum 60. war er seinen Eltern immer noch peinlich, zum 70. wurde er gar nicht mehr eingeladen. „Vielleicht kommt ja heute Abend mein Durchbruch!“, hoffte er.
Tilmann Birr, der zunächst den Holzfäller-Blues sang, sorgte anschließend mit eine Dialogszene für riesiges Gelächter. Ein Polizist mit typisch Berliner Schnauze und ein Tourist, dem man den Geldbeutel geklaut hatte, lieferten sich witzige Wortduelle. Dabei wollte der Tourist nur eine Anzeige aufgeben. „Da müssen Sie zur Zeitung gehen!“, konterte der Polizist. „Dann will ich eben Anzeige erstatten!“, sagt der Tourist, worauf der Polizist antwortet: „Von uns kriegen’se ja nichts erstattet!“
Das „Ensemble Weltkritik“ bekam zu Beginn seines Blockes die Krise. So zumindest der Titel eines Liedes, das spontan die aktuellen Geschehnisse in Deutschland und auch an diesem langen Kabarettabend zusammenfasste. Da wurden Flüchtlinge willkommen geheißen, denn schließlich hat das Tradition: Es gibt ja schon lange die „Deutsche Ayshe“. Und Pegida heißt nichts anderes als „Peinliche Eingeborene gefährden Dresdens Ansehen“. Bikininixe Pamela Anderson ist übrigens die Namensgeberin für Groß Bade-Mäusl.
Nachdem Frank Grischek eine kurze Einführung in die Irish Folk Music gab (bei der bei den Zuschauern ein leichtes Wippen mit den Füssen nicht zu übersehen war) und Clara Nielson noch einmal erzählte, wie sie die Pubertät verweigerte und abschließend den guten Tipp gab: „Wer abnehmen will, muss erst mal zunehmen. Denn dicke Menschen können mehr Kalorien verbrennen!“, zeigte „Ensemble Weltkritik“ einen Ausschnitt einer Paartherapie-Sitzung. SIE will ja im Schlafzimmer gerne etwas Spielzeug, aber dass ER die Eisenbahnplatte aufbaut, geht dann doch zu weit. Überhaupt, wieso schenkt ER IHR Rosen zu Halloween?
Im großen Finale stellte Frank Grischek fest, dass das Eintrittsgeld für diesen Abend nun, nach 4 ½ Stunden, abgelaufen sei. Mit dem gemeinsamen Gesang des „Sandmannliedes“ unter Mitwirkung des Publikums verabschiedeten sich die Künstler von der Bühne, nicht ohne auf den „Offline-Shop“ im Foyer hinzuweisen, wo Bücher und CDs der Künstler erworben werden konnten.

So verschieden, wie Geschmäcker sein können, so unterschiedlich kamen die Künstler bei den Zuschauern an. Der guten Stimmung tat das keinen Abbruch, der Mix kam beim Publikum an, wie die Reaktionen zeigten. Künstler und Publikum kamen in den Pausen und nach der Veranstaltung ins Gespräch. Zufrieden zeigte sich auch Birgit Hendrischke, die für die Organisation des Abends verantwortlich war. Ihre Auswahl der auftretenden Künstler war der Garant für einen wirklich unterhaltsamen Abend.
Antworten