„Du bist doch der Bulle“ – Polizeiruf-Star zu Gast im Pavillon

Mit der Pünktlichkeit hat Fernsehstar Andreas Schmidt-Schaller so seine Erfahrungen. Sturmtief „Mortimer“ mit seinen Begleiterscheinungen wie ausgefallene Züge und verstopfte Autobahnen sorgte dafür, daß der Gast etwas zu spät zur beliebten Veranstaltungsreihe „Talk im Pavillon“ mit Lutz Hoff kam. Doch das Warten hatte sich für die Besucher gelohnt. In sich geruht, kein Blatt vor den Mund nehmend und humorvoll gab Schmidt-Schaller Auskunft über seine Karriere als Theater- und Fernsehschauspieler.

Den Doppelnamen hatte er seinem Großvater zu verdanken, der einfach die Nachnamen seiner Eltern zusammenfügte und nachfolgenden Generationen weitervererbte.
1945 in Arnstadt geboren, in Weimar zur Schule gegangen und in Gera das Abitur gemacht, wurde Andreas Schmidt-Schaller zunächst Bühnenarbeiter. Doch es zog ihn viel mehr auf die Bühne und so studierte er in Leipzig Schauspielkunst. 1973 hatte er in der „Polizeiruf 110“-Folge „Draußen am See“ eine Rolle, damals noch als Bösewicht. Erst 1986 stieg er als Leutnant Thomas Grawe als festes Ensemblemitglied in die beliebte Serie des DDR-Fernsehen ein und spielte einen für damalige Verhältnisse ziemlich unangepaßten Ermittler.
Die bekannteste Folge war „Der Kreuzworträtselfall“ nach einem authentischen Kriminalfall. Darin ging es um ein totes Kind, das in einem Koffer, der auf Bahngleisen lag, entdeckt wurde. Der Zufall wollte es, daß Andreas Schmidt-Schaller Jahre später während einer Zugfahrt jenen Bahnarbeiter kennenlernte, der die echte Kofferleiche entdeckte. „Du bist doch der Bulle!“, erkannte der Bahnarbeiter den Schauspieler. Beide kamen ins Gespräch und Schmidt-Schaller erfuhr die tatsächlichen Umstände des Auffindens der Kinderleiche.

1990 folgte dann das Zusammentreffen der „Polizeiruf 110“-Kommissare mit den Kollegen vom Duisburger „Tatort“ um Horst Schimanski. Götz George, der den Schimanski spielte und selbst mit der Journaille auf Kriegsfuß stand, war es auch, der seinem Ostkollegen den guten Rat gab, sich von der Boulevardpresse fernzuhalten. Ein Ratschlag, den Andreas Schmidt-Schaller noch heute beherzigt – Rote-Teppich-Auftritte, Home-Storys und Privatgeschichten in die Öffentlichkeit zu tragen hat er bis heute soweit wie möglich vermieden.

Seine Unpünktlichkeit („Ich bin heute in einem Alter, wo mir das egal ist!“) erwies sich allerdings auch einmal als Volltreffer. Bei einem Agenturtreffen lief dem Zuspätkommer ein Produktionsleiter über den Weg und bot ihm noch auf der Treppe die Rolle des Hajo Trautzschke in der ZDF-Serie „SOKO Leipzig“ an. „Der Trautzschke ist quasi der altgewordene Grawe“, beschreibt Schmidt-Schaller seinen Kommissar, der ab 2001 über die Bildschirme flimmerte. Damals eine Traumrolle, die er unbedingt spielen wollte, hat er nun eine etwas andere Sicht: „Es gibt zuviele SOKOs im Fernsehen. Im ‚Polizeiruf‘ wurde auch das gesellschaftliche Umfeld der beteiligten Personen beleuchtet, bei ‚SOKO‘ geht es nur noch um Mord!“. Anfangs wurde sogar „zu wenig Leipzig erzählt!“. Auch die Produktionsbedingungen hätten sich geändert. Früher wurden 11 Drehtage für eine Folge angesetzt, heute sind es nur noch 7. An den Nachwuchsschauspielern lässt der Profi ebenfalls kein gutes Haar: „Heutzutage braucht man ja als Schauspieler keine Ausbildung mehr!“. Seinen Kindern, selbst alle in der Branche tätig, riet er deshalb schon frühzeitig zu einer soliden Ausbildung.

„Klare Ansage“ lautet der Titel seiner Autobiografie. Klare Ansagen machte Andreas Schmidt-Schaller auch in Forst. Er finde es bedauerlich, daß der Osten der Republik nur noch als „rechtslastig“ wahrgenommen wird, dabei sei doch das Führungspersonal der im Osten so starken Rechtspopulisten allesamt aus dem Westen eingewandert.

Im Ruhestand sieht sich Andreas Schmidt-Schaller noch nicht. Er wünsche sich weiterhin gute Rollenangebote – „gerne auch mit Tiefgang!“. Damit spielte er auf einen Zuruf einer Zuschauerin der Veranstaltung im Pavillon an, die Schmidt-Schallers Tochter Petra sehr gerne in Fernsehrollen sieht, weil deren Filme eben jenen Tiefgang in der Handlung hätten.

Über Thori 186 Artikel
Blauäugiger freiberuflicher Dichter und Denker, Jahrgang 67, Kreativling, Kulturschaffender, Fotograf, Filmperlentaucher und Pfützenländer

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